Welschenkahl

Bereits bei der Deutung des Kasendorfer Ortsnamens zeigte sich, wie in der Namensforschung die Meinungen und Auslegungen, auch der Experten, oft weit auseinandergehen. Dabei wird der Streit über unterschiedliche Ansichten mitunter recht heftig geführt.

So erhitzten sich schon vor sechzig Jahren die Gemüter der Fachleute bei der Deutung des Ortsnamens von Weischenkahl. Während Ziegelhöfer-Hey den Ursprung des Namens aus dem slawischen “vjelci kal“ -  “Wolfssumpf“ ableitete, ging Freiherr Erich von Guttenberg vom sorbischen “wolsa kal“ “Erlensumpf“ aus. Mit dieser Version war wiederum Franz Karl Freiherr von Guttenberg, in den zwanziger Jahren oberfränkischer Kreisobmann des Verbandes für Flurnamensammlung, keinesfalls einverstanden. Er lehnte die Slaventheorie u. a. auch bei Welschenkahl ab.

Er nannte in diesem Zusammenhang die Slavisten erfinderisch, ihre Forschungen “kreuz und quer“.

In der Heimatbeilage zur “Bayerischen Rundschau“ vom 25.3.1926 gibt er neben einer ausführlichen Deutung der Flurnamen Welschenkahls auch eine Erklärung über die Entstehung des Ortsnamens. Obwohl sich diese Theorie nach neueren Erkenntnissen nicht unbedingt halten lässt (E.Schwarz deutet “Vol‘snykal“ “Erlensumpf“), ist sie doch so interessant, dass sie - in Auszügen -  hier wiedergegeben sei:

Zur Klärung des Ortsnamens Welschenkahl müssen in erster Linie sprachwissenschaftliche Ergebnisse aus den volksmundartlichen Lauten aller Flurnamen aufgesucht und verwertet werden. Zunächst handelt es sich darum, das Grundwort kahl im Namen zu bestimmen. Das Grundwort muss ein Hauptwort sein, kann darum mit dem Adjektiv kahl, im Sinne von unbewachsen, leer nichts zu tun haben, wenn es auch zur Bodenbeschaffenheit recht wohl passen würde. Das h in der heutigen schriftdeutschen Schreibweise Welschenkahl ist später Einschub. Die ältesten beurkundeten Schreibweisen des Dorfnamens sind ohne h. 1401 zu Welschekal, 1407 Wellischen-kal, 1421 zu Welschen-kole, zum Welchen-kal, 1426 Welschen Kal, 1692 Welschen-kehl, erstmals mit dem irreführenden h geschrieben.

Dass dieses Wort, trotz seiner 3 Verlautungen kal, kol und kel, wie sie sich in den beurkundeten Lautformen des Ortsnamens Welschenkahl finden, für die Siedlung nicht namengebend werden konnte, ist einleuchtend. So kann das Grundwort des Ortsnamens Welschenkahl nur ein ganz ähnlich lautendes Hauptwort, aber ganz anderer Bedeutung sein, und das ist zu finden im Naturwort der Quell "aus der Erde springendes Wasser“. Das zugehörige Zeitwort quellen wallend zum Dasein hervorkommen, zuerst vom Wasser, lautete ahd. noch quellan, mhd, bereits quellen, lautete ab und zu kellen. Die Oberfranken, die so gerne das helle a zu o verdumpfen, sprechen heute “Quol“.

Wenn nun wirklich trotz der steiniger, wasserarmen Welschenkahler Ortsflur das Grundwort kal von Qual Quelle stammen soll, so muss hier ein ganz besonderer Anlass dazu vorliegen. Das ist auch der Fall. Am äußersten Nordostende der Ortsflur Welschenkahl, an der Grenze zur Marktflur Kasendorf, fällt das Gelände plötzlich steil zum Talkessel ab, in dem der Markt liegt. Es ist der Steilabfall des Jura und hier, kurz vorher, noch auf Welschenkahler Flur, auf dem Acker “Flurstück am Mülberg, Kataster Pl-Nr. l480“, quillt eine Quelle hervor.

Der Bach hat aber ein merkwürdiges Geschick. Er ist kein Sturzbach, bildet keine Wasserfälle, bis er glücklich unten im Tal ankommt, wie dem Gelände nach zu vermuten wäre; er verschwindet urplötzlich im löcherigen Juragestein, unten aber quillt er plötzlich als kräftige, starke Quelle wieder aus dem Boden hervor, unweit des Weges im löcherigen Graben. Das hat ihm sein verborgener Sturz angetan, und das Wasser ist so voll und so reich, dass es kurz darauf schon 3 Mühlen treibt. In der ganzen Umgegend aber wird diese Quelle im Kasendorfer Kesselgrund “der Quol“ genannt. Es ist die Friesenbachquelle.

Woher kommt nun der Name Friesenbach, und wie kommt es, dass weder die erste Siedlung, noch irgend eine andere an diesem Bach “Friesenbach“ genannt wurde? Der Name Friesen weist gleich Sassendorf, Sassanfahrt bei Bamberg, Sachsenhof und Sachsenmühle in Franken, auf niederdeutsche Kolonien aus Karls des Großen Zeit hin. Friesland war dem Frankenreich und dem Christentum erst völlig unterworfen worden, seitdem Karl der Große eine letzte, an die Sachsenriege angeschlossene Erhebung der Friesen niedergeschlagen hatte. Bei dieser Gelegenheit verpflanzte Karl der Große auch Friesen mit Weib und Kind in entfernte Teile seines Reiches, und so werden anfangs des 9. Jahrhunderts jene Friesen auch nach dem Radenzgau gekommen sein und die Anfänge der 3 nach ihnen benannten Dörfer begründet haben. Es muss aber auch eine Friesensippe am Sandberg, nahe der Quelle am Ostende der Welschenkahler Flur angesiedelt worden sein, denn nur so ist erklärlich, dass der Bach den Namen Friesenbach erhalten konnte.

Die Friesen hatten eine eigene Sprache, die eine Mittelstellung zwischen dem  altsächsischen und angelsächsischen einnahm. Dieses Plattdütsch verstand die hermundurischfränkische Bevölkerung nicht, ihnen war dies unverständlich, ein Kauderwelsch, fremdländisch. So begreift man, dass man diese neu hergekommenen Leute als die Welschen bezeichnete. Welschenkahl ist demnach zu deuten als die Siedlung zu dem wellischen Kal-Qual, zur Welschenquelle, der Ort, wo die Fremden nahe der Quelle wohnen.“

(Aus dem Heimatbuch des Marktes Kasendorf)